Very British: Wir haben ein englisches Pferderennen besucht
Ascot kennt jeder. Dieses auf der ganzen Welt berühmte Pferderennen steht für ausgefallene Hüte, schicke Kleider und jene Engländer, die sich ihre Freizeit mit den Reichen und Schönen der britischen Oberschicht vertreiben. Aber sind wirklich alle Pferderennen in England so? Muss man wirklich top gestylt sein, um bei so einem Rennen zusehen zu dürfen? Und vor allem: Was kostet das? Wir wollten eine Antwort auf diese Fragen und haben uns Karten für ein Pferderennen in Fakenham in der Grafschaft Norfolk gekauft, wo wir auch die Glasmanufaktur Langham Glass besucht haben.
Gummistiefel statt Hut mit Schleife
Eines gleich vorweg: Das Pferderennen in Fakenham hat mit Ascot so gut wie gar nichts gemeinsam – außer natürlich, dass es bei beiden Rennen Pferde gibt. Denn ausgefallene Hüte, Sektgläser und sündteure Anzüge muss man in Fakenham lange suchen. Hier gibt es dafür viele ältere Herren, die sich in Gummistiefeln und typischen Anoraks mit Wetten die Zeit vertreiben und nebenbei genüsslich eine Tasse Tee trinken. Man muss dazu sagen, dass wir Ende Oktober dort waren – dementsprechend kalt war es auch. Mit anderen Worten: Fakenham ist ein eher bodenständiges Pferderennen, das nicht die Ober-, sondern vor allem die Mittelschicht anspricht. Man kann davon ausgehen, dass es die Mehrheit der britischen Pferderennen viel besser repräsentiert als das Rennen in Ascot.
Wer bei einem Pferderennen in England dabei sein will, sollte zuerst einmal nach einer passenden Location und einem passenden Termin suchen. Wir wollten ursprünglich zu einem Rennen in einem anderen Ort, allerdings gab es dafür keine Karten mehr. In Fakenham hingegen kauften wir die Tickets gleich vor Ort und nicht im Voraus. An dieser Stelle auch gleich die Antwort auf die Kostenfrage: Wir haben pro Eintrittskarte 15 Pfund bezahlt und hatten damit Zugang zum Grandstand (Tribüne) und Paddock (Bereich für den Pferdeauslauf). Es gibt aber auch Karten für 10 bzw. 20 Pfund, die wiederum Zutritt in unterschiedliche andere Bereiche des Areals bieten. Man erkennt: so teuer wie es etwa in Ascot aussieht, muss es nicht sein.
Wer etwas vom Pferderennen haben will, sollte ausnahmsweise wetten
Aber sich eine Eintrittskarte zu besorgen – das reicht noch nicht aus. Wer etwas vom Rennen haben will, der sollte sich auch mit dem Sport an sich und natürlich mit dem Wetten vertraut machen. Wir bekamen zum Glück gleich beim Eingang eine Broschüre in die Hand gedrückt, in der sämtliche Rennen verzeichnet waren und in der es auch viele Infos zu den jeweiligen Pferden gab. So konnte man sich auch als Nicht-Insider ein Bild machen und entsprechend wetten. Übrigens: Das Wetten sollte man sich wirklich nicht entgehen lassen! Denn dadurch werden die Rennen nicht nur spannender, mit etwas Glück kann man auch ein wenig Geld gewinnen – ich habe etwa bei einem Rennen zwei Pfund gesetzt und 18 gewonnen. Der Eintritt war also schon refinanziert. Um eine Wette zu setzen, braucht man nur zu einem der vielen Wettstände zu gehen, seinen Wetteinsatz her- und den Namen des favorisierten Pferdes anzugeben. Dann heißt es Daumen drücken und anfeuern. Letzteres ist übrigens ein wirklich tolles Erlebnis, hier ein kurzes Video dazu:
Die Atmosphäre beim Rennen in Fakenham schien uns bei unserem Besuch sehr entspannt. Es gibt einige kleine Stände, an denen Getränke und kleine Imbisse verkauft werden, viele Besucher dürften regelmäßig herkommen und einander gut kennen. Wir haben diese gemütliche Atmosphäre genutzt und sind mit einem älteren Herren ins Gespräch gekommen. Ernie Dix (84) hatte einen grandiosen Akzent und erzählte uns, dass er schon seit Jahren zwei Mal in der Woche zum Rennen nach Fakenham kommt. Als Pensionist hat man ja auch viel Zeit. Warum die Engländer so aufs Wetten stehen? “Vielleicht weil sie nicht so sehr am Geld hängen wie die Österreicher”, sagt er uns und lacht. Naja, möglicherweise. Pferderennen sind jedenfalls eine schöne Freizeitbeschäftigung. Wenn man dabei auch noch in Gummistiefeln kommen darf, macht es umso mehr Spaß. Im Anschluss seht ihr noch ein paar Eindrücke vom Renntag.