Die Briten und ihr Tee
Jaja, die Briten und ihr Tee. Kaum eine kulinarische Tradition der britischen Inseln ist bekannter. Noch heute ist im Vereinigten Königreich, entgegen dem kontinentaleuropäischen Trend, Tee immer noch beliebter als Kaffee. Und wenn die Briten eine kulinarische Errungenschaft exportiert haben, dann ist es eindeutig die Teekultur.
Die Briten hatten über lange Zeit ein Empire und beherrschten nicht nur die sieben Weltmeere, sondern hatten auch zahlreiche Kolonien. Und auch nach dem Rückzug der britischen Krone und der Unabhängigkeit sind einige Traditionen dort noch erhalten geblieben. Dazu gehört der High Tea, häufig benannt mit dem Zusatz Queen Victoria. An die 5 o’clock tea time halten sich die meisten aber nicht mehr, wirkt sie doch etwas altmodisch. Für den High Tea sollte man sich auf jeden Fall Zeit nehmen. Richtig serviert, besteht er nämlich aus drei Gängen und wird auf einer Etagere serviert.
Zugeschrieben wird der Afternoon Tea der Duchess of Bedford, Anna Maria Stanhope. Sie zelebrierte ihn erstmals im frühen 19. Jahrhundert. Die Herzogin liebte es, am Nachmittag Freundinnen einzuladen, um diskrete Konversation zu führen, wohl eine vornehme Ausdrucksform dessen, was unsereins als Kaffeeklatsch bezeichnet. Zum aktuellen Tratsch der Hofdame von Königin Vicotria wurde Tee getrunken und Sandwiches gegessen.
Der High Tea beginnt immer mit Herzhaftem – je nach Ausprägung – Sandwiches mit hauchdünnen Scheiben von Lachs oder Gurken, Roastbeef, Eier mit Mayonnaise oder Käse. Die Sandwiches sind vergleichsweise klein, aus Weißbrot und ohne Rinde. Meist gibt es dazu herzhafte Mini-Quiches, Empanadas oder Pies. Danach gibt es Scones, das sind trockene, leicht gesüßte Teebrötchen. Sie werden übrigens nicht geschnitten, sondern gebrochen. Dazu gereicht wird Clotted Cream und Konfitüren, Petit Four und andere süße Tarts. Danach kann man sich an einem meist reichhaltigen Kuchen-Buffet bedienen, wenn denn noch Platz im Magen ist.
Das Ganze wird natürlich begleitet von frischem Tee. Obwohl die Briten fast ausschließlich schwarzen und unaromatisierten Tee bevorzugen, ist die Auswahl meist deutlich größer. Den Tee lässt man zwischen drei und fünf Minuten ziehen, dazu bekommt der Gast häufig eine Sanduhr neben seine Tasse gestellt. Weil die Briten früher keinen allzu großen Wert auf die Qualität ihrer Tees legten, wird heute immer noch – auch in feinen Restaurants – Milch serviert, die den früher manchmal bitteren Geschmack milder macht. Übrigens galten klirrende Geräusche beim Umrühren des Tees als ein absolutes No-Go.
Keine Frage, dass dazu auch das passende Geschirr geboten werden muss. Etagere, Teekanne, Zuckerdose, Geschirr und Besteck waren oft aus Silber oder aus feinstem Porzellan. Begleitet wurde das ganze Szenario meist von Piano-Musik. Noch heute ist der Nachmittagstee als perfekte Entschleunigung des Tages beliebt und erlebt in gewissen Kreisen sogar eine Renaissance.
Beim Begriff „High Tea“ gibt es aber manchmal Missverständnisse. Denn außerhalb Englands als „High Tea“ bekannt, steht der Begriff gerade in der Arbeiterklasse auf den britischen Inseln für ein deftiges Abendessen. Hier wird oft zwischen „High Tea“ und „Low Tea“ unterschieden. Wobei das „low“ für die tiefen Polstersessel steht, in denen die feinen Damen ihren Tee zu sich nahmen.
Der nächste Eintrag wird sich übrigens den „Tea Houses“ widmen – der britischen Antwort auf die Wiener Kaffeehauskultur.
Text: Egon Huschitt und Michael Neumayr