Yorkshire Heart – Ein Weingut, wo eigentlich keines sein dürfte
Wein in Nordengland? Für ein steirisches Herz eigentlich unvorstellbar, aber es gibt ihn. Davon haben wir uns bei unserem jüngsten Englandbesuch selbst überzeugt. Ursprünglich wollten wir ja ein schottisches Weingut besuchen, aber die zwei, die es gibt, sind so jung, dass sie noch keinen Wein produzieren können. Das Ziel war, einen kleinen Gegenpol zum omnipräsenten Whisky in unser Urlaubsprogramm zu bringen. Nun dachten wir uns, dass Yorkshire auch schon exotisch genug ist und haben uns mit den Weinbauern vom Yorkshire Heart Vinyard verabredet. Und die Produktionsbedingungen sind dort, wie erwartet, alles andere als einfach. Dementsprechend stecken auch die Weine, die in Yorkshire gekeltert werden, noch in den Kinderschuhen.
Auf 2,5 Hektar in der Nähe von York keltern Weinbäuerin Gillian Spakouskas und ihre Familie mit viel Leidenschaft einen roten und einen weißen Cuvée und inzwischen sogar einige Schaumweine. Sie freut sich sichtlich über den Besuch und bietet nicht nur Wein, sondern passend zur Region auch Tee und Kekse an. Schnell kommen wir auf den englischen Weinbau zu reden. Die Bedingungen in der Region sprechen nicht unbedingt dafür, hier einen Wein zu keltern und trotzdem gibt es inzwischen acht Weingüter in Yorkshire. Spakouskas experimentiert sehr gerne, verfügt über zwei Kunststofftanks und mehrere kleine Stahltanks. Erste Rotweine werden auch schon in Eichenfässern gelagert. Klimatisch ist es aber alles andere als einfach, Wein in Yorkshire zu produzieren. Das Positive vorweg: es hagelt nicht. Aber das war es schon. Der Boden ist lehmig, das Klima kalt und vor allem feucht. Dementsprechend kümmerlich sehen die Weinstöcke aus. Spakouskas erzählt, wie schwierig der Weinbau ist: „Wir ernten sehr spät. Die letzten Trauben lesen wir erst Ende November. Deshalb ist der Frost auch ein großes Problem für uns.“
Ein abenteuerlicher Cuvée
Im Weingarten befinden sich viele verschiedene Weinsorten, meist junge Entwicklungen aus Deutschland, die extra für nordeuropäische Weingärten entwickelt wurden. Unter anderem finden sich Solaris-Weinstöcke, aber zu wenig um sortenreine Weine herzustellen. „Wir müssen verschiedene Weinsorten ausprobieren, um herauszufinden, was bei uns überhaupt wächst. Wir sind Pioniere in dieser Gegend und können nicht auf Erfahrungswerte zurückgreifen“, so Spakouskas. Deshalb entsteht im Weingut „Yorkshire Heart“ noch ein recht abenteuerlicher Cuvée, der im Endeffekt ob der schwierigen Bedingungen doch überrascht.
In Sachen Infrastruktur muss das Weingut aber noch nachholen. Es gibt etwa keinen klassischen Weinkeller. Die Tanks stehen in einer staubigen Lagerhalle, gemeinsam mit Maschinen und anderem Werkzeug. Das liegt auch an den absurden Baubestimmungen, die derzeit den Bau eines ordentlichen Kellers noch blockieren. In ungefähr zwei Jahren, dann wenn die Familie quasi das Baurecht ersessen hat, soll sich das ändern. Bis dahin ist das Weingut eher ein Provisorium.
Nur gut, dass die Familie Spakouskas auf mehrere Standbeine zurückgreifen kann. Im Familienbesitz befindet sich auch eine Mikrobrauerei. Außerdem betreibt man Schafzucht, eine Milchwirtschaft und hat auch zahlreiche Legehühner. Die Söhne der Familie betreiben diese unterschiedlichen Geschäftszweige und auch das Weingut soll sich über Generationen halten. Noch heuer soll ein weiterer Weingarten erschlossen werden. „Diesmal pflanzen wir den Wein in Ost-West-Richtung, nicht wie bisher in Nord-Süd-Richtung. Mal schauen ob es dem Wein hilft“, erklärt Gillian Spakouskas. Interessant ist der rote Cuvée, den ich mit nach Hause genommen habe. Mit Naturkork verschlossen und in einer durchsichtigen Flasche. Sicher ein ganz spezieller Wein in meiner, inzwischen recht umfangreichen, Sammlung. Verkauft wird der Wein übrigens ausschließlich ab Hof und in lokalen Geschäften. So habe ich wohl die erste Flasche „Yorkshire Heart“, die es bis Österreich geschafft hat. Ein perfektes Mitbringsel.